Berlin war in den 1920er Jahren eine Stadt mit vielen sozialen Gegensätzen. Während ein großer Teil der Bevölkerung nach dem Ersten Weltkrieg weiterhin mit hoher Arbeitslosigkeit und Entbehrungen zu kämpfen hatte, entdeckten die Oberschicht der Gesellschaft und eine wachsende Mittelschicht nach und nach den Wohlstand wieder und verwandelten Berlin in eine Weltstadt.
In diesem Jahrzehnt entwickelte sich Berlin zum intellektuellen und kreativen Zentrum Europas und leistete Pionierarbeit in den modernen Bewegungen der Literatur, des Theaters und der Künste, aber auch in den Bereichen Psychoanalyse, Soziologie und Wissenschaft.
Die wirtschaftliche und politische Lage Deutschlands litt damals, das kulturelle und intellektuelle Leben blühte jedoch auf. Diese Periode der deutschen Geschichte wird oft als „Weimarer Renaissance“ oder „Goldene Jahre“ des Landes bezeichnet.
Im Romanischen Café am Kurfürstendamm trafen sich die bedeutendsten Künstler der Zeit (Bertolt Brecht, Otto Dix, Max Liebermann, Erich Kästner, Joachim Ringelnatz, Billy Wilder und viele andere) und Josephine Baker brachte mit ihrem Auftritt die neue Charleston-Tanzsensation nach Deutschland 1926 im Nelson Theater am Kurfürstendamm.
1928 wurde Brechts „Dreigroschenoper“ im Theater am Schiffbauerdamm uraufgeführt und eroberte von dort aus die Welt.
Neben dem Boom des Berliner Nachtlebens mit Unterhaltungsshows und Music Hall machte die Stadt auch tagsüber große Fortschritte.
1921 wurde die AVUS (Weltneuheit) durch den Grunewald gebaut, 1923 der Flughafen Tempelhof eröffnet und 1926 der Funkturm zur Dritten Funkausstellung der Öffentlichkeit zugänglich gemacht . Die erste Messe „Grüne Woche“ fand 1926 statt und lockte die enorme Zahl von 50.000 Besuchern an.
Die Ära der Weimarer Republik begann inmitten mehrerer großer Bewegungen in der bildenden Kunst. Der deutsche Expressionismus hatte bereits vor dem Ersten Weltkrieg begonnen und übte in den 1920er-Jahren weiterhin starken Einfluss aus, wenngleich sich Künstler im Laufe des Jahrzehnts immer häufiger gegen expressionistische Tendenzen positionierten.
In und um Berlin entwickelte sich eine anspruchsvolle, innovative Kultur, darunter hochentwickelte Architektur und Design (Bauhaus, 1919–33), eine Vielzahl von Literatur (Döblin, Berlin Alexanderplatz, 1929), Film (Lang, Metropolis, 1927, Dietrich, Der Blaue). Engel, 1930), Malerei (Grosz) und Musik (Brecht und Weill, Die Dreigroschenoper, 1928), Kritik (Benjamin), Philosophie/Psychologie (Jung) und Mode. Diese Kultur wurde von Rechten oft als dekadent und sozial störend angesehen.
Der Film machte in dieser Zeit in Berlin große technische und künstlerische Fortschritte und führte zur Entstehung der einflussreichen Bewegung des Deutschen Expressionismus.
Auch „Talkies“, die Tonfilme, erfreuten sich in ganz Europa zunehmender Beliebtheit beim breiten Publikum, viele davon wurden in Berlin produziert.
Auch die sogenannten mystischen Künste erlebten in dieser Zeit in Berlin ein Revival, wobei Astrologie, Okkultismus und esoterische Religionen sowie ausgefallene religiöse Praktiken mit ihrem Einzug in die Populärkultur immer mehr zum Mainstream und für die Massen akzeptabler wurden.
Die Universität Berlin (heute Humboldt-Universität zu Berlin) wurde zu einem bedeutenden intellektuellen Zentrum in Deutschland, Europa und der Welt. Besonders beliebt waren die Naturwissenschaften – von 1914 bis 1933.
Während seiner Jahre in Berlin gelangte Albert Einstein zu öffentlicher Berühmtheit und erhielt 1921 den Nobelpreis für Physik. Er war Direktor des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik in Berlin und verließ das Institut erst, als die antisemitische NSDAP an die Macht kam.
Politisch galt Berlin als Hochburg der Linken, die Nazis nannten es „die rotste Stadt [in Europa] nach Moskau“.
Der Nazi-Propagandist Joseph Goebbels wurde im Herbst 1926 „Gauleiter“ seiner Partei für Berlin und hatte erst eine Woche lang das Kommando inne, bevor er einen Marsch durch ein kommunistisch sympathisierendes Gebiet organisierte, der in einen Straßenaufstand mündete.
Die Kommunisten, die sich das Motto zu eigen machten: „Besiege die Faschisten, wo immer du ihnen begegnest!“ hatte eine eigene paramilitärische Organisation namens Roter Frontkämpferbund, um die Sturmabteilung (SA) der Nazis zu bekämpfen.
Im Februar 1927 kam es in der „Roten“ Hochburg Wedding zu einer Versammlung der Nationalsozialisten, die zu einer heftigen Schlägerei führte. „Biergläser, Stühle und Tische flogen durch die Halle, Schwerverletzte lagen blutüberströmt auf dem Boden. Trotz der Verletzungen war es ein Triumph für Goebbels, dessen Anhänger etwa 200 Kommunisten verprügelten und aus dem Saal vertrieben.“
Die Prostitution nahm in Berlin und anderswo in den vom Ersten Weltkrieg verwüsteten Gebieten Europas zu. In den 1920er Jahren wurde diese Überlebensmöglichkeit für verzweifelte Frauen und manchmal auch Männer bis zu einem gewissen Grad normalisiert.
Während des Krieges verbreiteten sich Geschlechtskrankheiten wie Syphilis und Gonorrhoe mit einer Geschwindigkeit, die die Aufmerksamkeit der Regierung erforderte.
Soldaten an der Front infizierten sich mit diesen Krankheiten durch Prostituierte. Die deutsche Wehrmacht reagierte mit der Genehmigung bestimmter Bordelle, die von ihren eigenen Ärzten inspiziert wurden, und den Soldaten wurden Gutscheinhefte für sexuelle Dienstleistungen in diesen Betrieben rationiert.
Auch unter Soldaten an der Front wurde homosexuelles Verhalten dokumentiert. Soldaten, die nach Kriegsende nach Berlin zurückkehrten, hatten eine andere Einstellung zu ihrem eigenen Sexualverhalten als noch einige Jahre zuvor.
Prostitution wurde von seriösen Berlinern missbilligt, aber sie blieb so weit bestehen, dass sie sich in der Untergrundwirtschaft und -kultur der Stadt festsetzte.
Die Kriminalität im Allgemeinen entwickelte sich parallel zur Prostitution in der Stadt und begann mit Bagatelldiebstählen und anderen Verbrechen im Zusammenhang mit der Notwendigkeit, nach dem Krieg zu überleben.
Berlin erlangte schließlich den Ruf eines Zentrums des Drogenhandels (Kokain, Heroin, Beruhigungsmittel) und des Schwarzmarkts. Die Polizei identifizierte in Berlin 62 organisierte kriminelle Banden, sogenannte Ringvereine.
Auch Berichte über Tötungsdelikte, insbesondere „Lustmorde“ oder Lustmorde, faszinierten die deutsche Öffentlichkeit. Die Verlage kamen dieser Nachfrage mit kostengünstigen Kriminalromanen namens „Krimi“ nach, die wie der Film Noir der damaligen Zeit (z. B. der Klassiker „M“) Methoden der wissenschaftlichen Aufklärung und psychosexuellen Analyse erforschten.
Abgesehen von der neuen Toleranz gegenüber Verhaltensweisen, die technisch noch illegal waren und von einem Großteil der Gesellschaft als unmoralisch angesehen wurden, gab es weitere Entwicklungen in der Berliner Kultur, die viele Besucher der Stadt schockierten.
Abenteuerlustige kamen in die Stadt und Buchhändler verkauften viele Ausgaben von Reiseführern zu Berlins erotischen Nachtunterhaltungslokalen.
Es gab schätzungsweise 500 solcher Einrichtungen, darunter eine große Anzahl homosexueller Veranstaltungsorte für Männer und Lesben; teilweise wurden Transvestiten eines oder beider Geschlechter aufgenommen, ansonsten waren mindestens 5 Lokale bekannt, die ausschließlich für eine Transvestitenklientel bestimmt waren.
Es gab auch mehrere FKK-Lokale. Berlin hatte während der Weimarer Zeit auch ein Museum für Sexualität, im Institut für Sexualwissenschaft von Dr. Magnus Hirschfeld.